Prävention von Glaskörpertrübungen
In Internetforen gibt es wiederholt Berichte von Betroffenen, die nach medikamentöser Behandlung, nach refraktiver Chirurgie (LASIK) 5, Katarakt-OP oder klarer Linsenextraktion (clear lens extraction) 31 plötzlich und unerwartet mit Glaskörpertrübungen konfrontiert werden. Ihnen bleibt häufig nichts anderes übrig als sich auf eine Vitrektomie einzustellen, um die visuelle Funktionsfähigkeit wieder herzustellen. Bei einer Vitrektomie besteht zusätzlich das Risiko der Aderhaut-, Netzhaut- und Sehnervperforation durch die Betäubungsspritze (Peribulbäranästhesie und Retrobulbäranästhesie). Sie kann zum Verlust des Auges führen. Nach einer Vitrektomie muss eine Katarakt-OP ebenfalls als Standardverlauf antizipiert werden. Ein hoher Preis, den so mancher nicht bereit gewesen wäre zu zahlen, wenn er im Vorfeld der Eingriffe über eventuell zu erwartende Glaskörperschäden aufgeklärt worden wäre. Doch auch wenn der Patient sich entscheidet mit den Trübungen zu leben, bleibt das für ihn nicht ohne Folgen: die Verflüssigung des Glaskörpers begünstigt die Entwicklung des vitreoretinalen Traktionssyndroms, was wiederum Netzhautabhebung, Netzhautlöcher und -risse zur Folge haben kann. Der Zug des Glaskörpers an der Netzhaut begünstigt die Entstehung epiretinaler Gliosen auf der Netzhautoberfläche. Häufig ist die Makula betroffen. Die Gliosen führen zu einer verzerrten Wahrnehmung des Sehbildes bzw. der betrachteten Sehobjekte und können u. U. auch zu Netzhautabhebung und Erblindung führen.
Zur Aufgabe der Ophthalmologie gehört es, Normen für den Erhalt der Augengesundheit zu erstellen, damit sie in der Augenheilkunde-Industrie Beachtung finden und von der Gesundheitsbehörde überwacht werden können. Um Glaskörperschäden durch Ophthalmika vorbeugen zu können, sind Studien erforderlich, um die Mechanismen zu ergründen, die zur Verflüssigung des Glaskörpers führen. Grundsätzlich sollten die Auswirkungen aller Ophthalmika einer Prüfung unterworfen werden; vor allem die, die mit einer Volumenreduktion des Kammerwassers in der vorderen Augenkammer und im Glaskörper (Antiglaukomatosa) einhergehen. Beim Bücken könnte der erschlaffte Glaskörper unter Einfluss der Schwerkraft in die abgeflachte vordere Augenkammer gleiten und sich am Hinterpol von der Netzhaut losreißen 30. Junge Patienten berichten von „spinnennetzartige Trübungen“ kurz nach Beginn der Anwendung von Glaukomtropfen. Es könnte sich bei dem Phänomen um eine Veränderung der Ausrichtung des dreidimensionalen Kollagennetzes handeln, erzeugt durch die Vorwärtsbewegung des Glaskörpers beim Bücken.
Die Auswirkung des Konservierungsstoffs Benzalkoniumchlorid auf den Glaskörper und in welchem Maße sich der Stoff im Glaskörper bei mehrmaliger täglicher Applikation anreichert, sollte in Studien erforscht werden 19, 20, 21, 32. Da der Glaskörper über die Netzhautvenen entwässert, sollte ermittelt werden, ob das mit Benzalkoniumchlorid kontaminierte Kammerwasser zur Lösung der Ankerfibrillen, mit denen der Glaskörper fest mit der Netzhautmembran verbunden ist, beiträgt. Ferner ob die Hyalozyten, die sich im vitreoretinalen Grenzbereich befinden, dadurch zu Grunde gehen. Hyalozyten sind phagozytäre Glaskörperzellen. Es wird angenommen, dass sie an der kontinuierlichen Nachbildung (Synthese) sowie am Abbau von degeneriertem Kollagen- und Hyaluronsäurematerial beteiligt sind. Gehen diese Zellen zu Grunde, wird die Nachbildung und Abfallentsorgung gestoppt. Glaskörpertrübungen entstehen. Grundvoraussetzung für die optische Transparenz und die Verhinderung von Lichtstreuung ist die Reinheit und ausgewogene Verteilung dieser kristallklaren Komponenten im Glaskörper.
Von großer Bedeutung könnten sich retrospektive Studien an langzeitbehandelten Glaukompatienten erweisen, um festzustellen wie hoch der prozentuale Anteil der Glaskörperabhebungen in dieser Gruppe, verglichen mit pharmazeutisch unbehandelten Augen der gleichen Altersgruppe, ist 30.
Wenn derart schwere Folgeschäden vorhersehbar sind, gilt es zu bedenken, dass Glaskörpertrübungen und -abhebungen, als Folge von Eingriffen und medikamentösen Behandlungen am Auge eine Körperverletzung darstellen und die Unterlassung der Aufklärung - nach deutschem Recht - als Behandlungsfehler gewertet werden kann. Siehe Patientenrechtegesetz § 630d "Einwilligung" und §630e "Aufklärungspflichten" BGB 36.