Bewertung von Glaskörpertrübungen
Schutz und Erhalt des Glaskörpers – eine ophthalmologische Aufgabe für die Zukunft
Das höchste Gut, das es in der Augenheilkunde zu schützen gilt, ist das Sehvermögen und die allgemeine Gesunderhaltung des Sehorgans und seiner Umgebungsstrukturen. Zu einer guten Sehfunktion trägt der Glaskörper in seiner festen und klaren Form ebenso bei, wie benachbarte Strukturen, die ebenfalls einem störungsfreien Sehen dienen 7, 23, 24, 25, 28, 29. Tritt durch intravitreale Trübungen oder durch eine hintere Glaskörperabhebung eine Medientrübung ein, kann dies unter bestimmten Bedingungen als Sehbeeinträchtigung zu werten sein. Dieser Umstand kommt besonders dann zum Tragen, wenn hierbei das zentrale Sehen betroffen ist.
Zu den „Medien“ des optischen Apparats gehören Hornhaut, Linse und Kapselsack, Glaskörper und Kammerwasser, welches sich in der Vorder-, in der Hinterkammer und im Glaskörper befindet. Klare Medien sind ebenfalls Voraussetzung für klares Sehen.

Der Glaskörper in seiner unverflüssigten Form hält das Auge gesund. Ist die Verflüssigung einmal in Gang gesetzt, ist mit sekundären Erkrankungen des Auges zu rechnen. Hier sind vor allem das vitreoretinale Traktionssyndrom, Netzhauterkrankungen, epiretinale Gliosen und die Kataraktentwicklung zu erwähnen 7, 15, 26, 27. Während der Glaskörper im gesunden Zustand in einer gelartigen und klaren Form vorliegt, geht eine Verflüssigung mit unerwünschten optischen Trübungen einher und kann durch voranschreitende Prozesse eine hintere Glaskörperabhebung hervorrufen. Abgesehen vom Lebensalter können viele Einflüsse den physiologischen Alterungsprozess beschleunigen und sogar eine hintere Glaskörperabhebung provozieren. Besonders sollte an Augenbehandlungen als Auslöser für signifikante Glaskörperveränderungen gedacht werden 3, 4, 5, 6, 19, 20, 21, 32. Die einzelnen physiologischen bzw. pathophysiologischen Prozesse, die hierbei eine Rolle spielen sind bislang selten Gegenstand wissenschaftlicher Forschung gewesen, ebenso wie Studien, die zum Ziel hatten mögliche Ursachen für Glaskörpertrübungen zu identifizieren 7. Breiter angelegte Grundlagenforschung zum besseren Verständnis derartiger Prozesse und Bedingungsfaktoren wäre hier in größerem Ausmaß notwendig.
Zwar sind Glaskörpertrübungen unter Patienten, die eine augenärztliche Behandlung beanspruchen weit verbreitet, jedoch klagt die Mehrzahl an Menschen auch im hohen Alter nicht zwangsläufig über eine ausgeprägte Symptomatik. Die primäre („natürliche“) Degeneration verläuft in solchen Fällen vermutlich kontinuierlich und die Trübungen sind so homogen ausgeprägt, dass sie kaum als störend wahrgenommen werden.
Allgemein wird einer primären Glaskörperdestruktion in der Augenheilkunde kein wesentlicher Krankheitswert beigemessen, Behandlungsansätze sind demzufolge rar. Sie wird oftmals sogar als lediglich „harmlos“ bezeichnet 9, was sich aber nicht zwangsläufig auch auf die empfundene Symptomatik des Patienten erstrecken muss. Eine krankheitswertige Ausprägung wird allenfalls nur in Einzelfällen angenommen 1.
Einige Betroffene hingegen reden von regelrechten Behinderungen ihrer Tätigkeiten am Arbeitsplatz und weisen auf die anhaltende Belastung in weitestgehend allen Alltagssituationen hin. Sie berichten von ständigen Irritationen und Belastungen, welche zu Konzentrationsstörungen und erhöhter Ermüdung führen. Lesen werde so zur Qual, PC-Arbeit zur Mühsal, die „Nebel“ behindern die Sicht. Vor allem sei es die Mobilität der Floater, die zu der hohen subjektiven Beeinträchtigung führe. Dies treibe regelrecht in die Verzweiflung, der Verlust an allgemeiner Lebensqualität sei erdrückend 8, 10, 11, 12, 22, 23, 24, 25, 28, 34, 35. Ein gut gemeinter Rat, die Trübungen zu ignorieren erscheine in diesem Zusammenhang unangemessen und würde dem Phänomen nicht gerecht. Oftmals stößt der Patient, für das - aus seiner Sicht - ihn sehr vereinnahmende Sehproblem auf fehlendes Verständnis seiner Umwelt.
Dieses Unverständnis wird von Floater-Patienten auch sehr häufig in Bezug auf die Konsultationen beim Augenarzt festgestellt. Ein besonders frustrierendes Ereignis, denn verständlicherweise erwarten Patienten eine fachkompetente und empathische Herangehensweise eines Facharztes für Augenheilkunde. Nicht unerwähnt bleiben darf, dass es mittlerweile einige durchaus verständnisvolle und lösungsorientierte Experten auf dem Gebiet der Behandlung von Glaskörpertrübungen gibt. Suchen Patienten eine solche Behandlungsstelle auf, wird in punkto Beratungsleistung eine hohe Patientenzufriedenheit angegeben. Hier ist Dr. Jerry Sebag zu erwähnen, der den neuen Begriff "Vision Degrading Vitreopathy" für klinisch signifikante Glaskörpertrübungen bzw. Floater eingeführt hat.
Auszüge aus Artikeln von Dr. Jerry Sebag (die Literaturhinweise des Autors im Text wurden entfernt)
Aus „Reassessing the Surgical Treatment of Floaters“ 22:
A survey by Waggle and associates indicated that the deleterious effect on quality of life as a result of floaters is comparable to or worse than that of age-related macular degeneration, diabetic retinopathy, or glaucoma. The scores indicating disruption to quality of life due to floaters were more severe even than those for mild angina, mild stroke, colon cancer, or asymptomatic HIV infection. These survey findings add perspective to patient reports of symptomatic floaters.
No further proof of the impact of floaters is needed than to consider the lengths to which some patients will go to get treatment. Despite a lack of evidence for its efficacy, some patients are willing to accept the risks associated with Nd:YAG laser vitreolysis in hope that it offers relief. Furthermore, as this is an unproven treatment, it is not covered by Medicare or third-party payers, and patients must bear the out-of-pocket expense.
Aus „Vitreous floaters: Etiology, diagnostics, and management“ 23
Using a utility value analysis approach to establish the effects of vitreous floaters on the quality of life, these studies found that for younger patients (<55 years of age) this negative effect is so severe that they are willing to accept a 7% risk of blindness to be rid of floaters and that persistent floaters can significantly reduce patients’ self-perception of quality of life.
Aus „Ultrasound-Based Quantification of Vitreous Floaters Correlates with Contrast Sensitivity and Quality of Life“ 24
Lastly, it may also be of value to incorporate an ultrasound assessment of vitreous movement during head turning or ocular saccades. This is relevant because patients frequently report that head and eye movements cause floaters to enter the optical axis and disturb vision during critical times such as reading and driving. Previous studies have explored the use of ultrasonography to evaluate vitreous mobility as an index of viscosity. Future studies could therefore complement the static structural assessment of vitreous echodensity presented herein with a dynamic assessment of vitreous mobility during ocular saccades. There may be value in correlating QUS* measurements as well as mobility measurements with reading speed.
* Quantitative UltraSound
Aus „Degradation of Contrast Sensitivity Function Following Posterior Vitreous Detachment“ 25
Vision, in particular visual acuity, straylight glare, and contrast sensitivity function (CSF), can be considerably affected. This controlled, prospective study found that PVD can be associated with significant reduction in CSF.
CSF is an important component of visual function that can impact vision and lower quality of life in spite of normal visual acuity. Although previous studies found diminished CSF in patients with floaters, these were compared to age-matched controls. To our knowledge there have been no prospective studies using patients as their own controls. Furthermore, the effects of PVD on CSF were not specifically evaluated in any previous studies. Both matters were addressed in the present study, since CSF measurements were obtained before and after documented PVD. Furthermore, cases were selected to have fellow eye controls without PVD by ultrasound and SD-OCT evaluations.
Ferner sei verwiesen auf die Monographie von J. Sebag „ Vitreous - in Health and Disease“*, S. 771: „Vitreous Floaters and Vision: Current Concepts and Management Paradigms“ (Part IV, V.B.8.), in dem die Thematik „Beeinträchtigungen von Glaskörpertrübungen und ihre Auswirkungen auf die Lebensqualität“ ausführlich behandelt wird 28.
Ursachen von Glaskörperveränderungen
Die Mechanismen, die zur Verflüssigung des Glaskörpers führen, sind bisher weitestgehend unerforscht 7, 30, 32. Grundsätzlich werden primäre und sekundäre Glaskörpertrübungen voneinander abgegrenzt. Als Entstehungsursachen werden in der Literatur angenommen:
- Altersbedingte Degeneration
- Hintere Glaskörperabhebung
- Myopie (aufgrund der höheren axialen Länge des Augapfels, die mit einer Dehnung des Glaskörpers einher geht) 13
- Traumata
- Sekundäre Glaskörpertrübungen (aufgrund von Augenerkrankungen, z. B. Uveitis)
- Pharmakologische Behandlungen (intravitreale Injektionen; z. B. Lucentis 3, Jetrea 14)
- Chirurgischen Eingriffe (Katarakt-Operation 31, klare Linsen Extraktion, intravitreale Implantationen; z.B. Ozurdex 6)
- Refraktive Chirurgie (z. B. LASIK 5)